Mohn und Gedächtnis

Duisburger Hauptbahnhof, Ende der 1990er Jahre:
Künstler*innen aus dem Ruhrgebiet führten eine Performance zum Thema "Reichsbahn" auf. Auf die Papierreste aus den Rotationsmaschinen der WAZ waren einige Zeilen von Paul Celan gemalt. Die riesigen Bahnen hingen quer durch die Wandelhalle des Bahnhofs, in Auf- und Abgänge zu den Gleisen, neben den Bahnsteigen:
"...wir schaufeln ein Grab in den Lüften da liegt man nicht eng ...", "...der Tod ist ein Meister aus Deutschland sein Auge ist blau / er trifft dich mit bleierner Kugel er trifft dich genau ...". Und auch: "...härter als ich / lag keiner am Wind ..." oder: "Das Gedicht ist einsam. Es ist einsam und unterwegs. Das Gedicht will zu einem Andern, es braucht dieses Andere, es braucht ein Gegenüber."
Ich filmte diese Kunstaktion. Später, auf den Monitoren, las ich immer wieder diese und andere Zitate aus Celans Gedichten. Seine Poesie, seine in feinste Lyrik gefassten Gedanken lassen mich bis heute nicht los.
Inzwischen stolpert man im Internet in die von Paul Celan auch selbst vorgetragenen Texte. Doch so manches erschließt sich besser, wenn man die Gedanken sich selbst und laut vorliest. Das fällt einem zunächst nicht leicht, aber Celans Lyrik sind der Mühe wert.