Die Sünde des Abbé Mouret

Geboren bin ich in Montreuil, dem östlichen Vorort von Paris; doch meine frühe Kindheit habe ich in Jerusalem verbracht: einer geteilten Stadt mit einer berühmten Mauer. Mit acht Jahren kam ich zurück nach Paris, wo ich mich dem klassischen Ballett widmete. Es folgten Engagements, Welttourneen, Cabaret und Theater, bis ich Berlin entdeckte: wieder war es eine geteilte Stadt mit einer berühmten Mauer! Ich verliebte mich in diese Stadt, zauberte die Nacht zum Tag und öffnete mein eigenes Nacht-Cabaret: das ROXY - wurde Königin der Nacht! Dann ging es schnell bergauf mit meiner Karriere als Schauspielerin.
In meiner Welt interessieren mich vor allem Dramen des Theaters, Inszenierungen an der Oper und selbstverständlich Spielfilme im Kino - doch erinnere ich mich lebhaft an einige Romane.
Ich war Teenager, da fiel mir ein Buch von Émile Zola in die Hände. Meine Eltern waren politisch engagierte Menschen, doch hatten sie mir verboten, "Die Sünde des Abbé Mouret" zu lesen. Voilà - eine wirklich starke Motivation für mich, die Geschichte über den jungen Abbé und dem von ihm schwangeren Mädchen zu verschlingen.
Die schroffe Ablehnung der Verantwortung des katholischen Priester Serge Mouret, die Verzweiflung von Albine und ihr daraus folgender Suizid hat mich tatsächlich erzürnt. Und der Umstand, dass im Frankreich jener Zeit ein Selbstmord genauso wie ein Mord verurteilt wurde, hat tiefe Spuren in mir hinterlassen.
Vieles hat sich verbessert – Erinnerung ist wichtig, damit Geschichte sich nicht wiederholt.