Meine Bekanntschaft mit diesem Werk der Science Fiction und Satire schulde ich meinen Studien der russischen Sprache. Im Sommer 1961 - Jahr des Mauerbaus zugleich der Wiederaufnahme von Nukleartests in der Atmosphäre durch die UdSSR - wurde ich engagiert, die informellen Teile einer Pugwash-Konference zu dolmetschen. Diese Konferenzen, eine Idee des neufundländischen Unternehmers Cyrus Eaton und Albert Einsteins, versammelten zumeist Physiker, um über die Probleme zu diskutieren, die mit der Verbreitung nuklearer Waffen entstanden waren (und entstehen).
Damals waren um die 40 Physiker, Chemiker, Petro-Chemiker aus aller Welt – einschließlich der UdSSR – versammelt. Einer war Leo Szilard, ein früher Freund von Einstein, und er wie auch Linus Pauling – waren auf uns Dolmetscher neugieriger, als wir auf ihre Spezialgebiete. So erfuhr ich von Szilards Buch und dass es nicht ‘fach-chinesisch’, sondern große und für normale Leser hohe Literatur sei. Bei diesen Begegnungen lernte ich zudem, dass Szilard einer der Unterzeichner eines Briefs von Einstein an den US-Präsidenten 1939 war, der Roosevelt bewog, das Manhattan-Projekt ins Leben zu rufen.
"Die Stimme der Delphine" ist eine von sieben Kurzgeschichten, die aus der Sicht eines mit Phantasie reichlich beschenkten Physikers eine Welt der Zukunft imaginiert.
In “The Mark Gable Foundation” lesen wir von einem Wissenschaftler, der sich für 300 Jahre einfrieren lässt, aber schon nach 90 Jahren geweckt wird, um das Problem der tausendfach wiederholten Einfrierung und deren Kosten an Energie und politischer Stimmen zu lösen. In “Grand Central Station” macht er sich über Archäologen vom Mars lustig, die den toten Planeten Erde erforschen und abstruse Theorien entwickeln über die Benutzung von 5-Cent Münzen mit dem Kopf von George Washington in einer Bezahltoilette im Hauptbahnhof von Manhattan.
Die Gedanken spinnen heute weiter über die weitere Entwicklung der Algorithmen. Szilard hat diese Entwicklung nicht prophezeit (wie auch Jules Verne nicht, der sich das Internet nicht hat vorstellen können).
Die Delphine des Titel sind so schlau, dass sie am Ende der Geschichte die Wissenschaftler befehligen. Und in der Kurzgeschichte “Mein Prozess als Kriegsverbrecher”, die 1948 spielt, wird der Angeklagte nicht mehr belangt, da die sowjetischen Prozess-Bevollmächtigen von einem selbst erzeugten Virus angegriffen werden. Die Story sollte bereits 1948 erscheinen, ist aber erst im September 1949 im "Chicago (University) Law Review" (!) erschienen.
Science Fiction aus der Sicht eines Physikers, Philosophen und Satirikers: ein fabelhaftes Werk und zu Recht immer wieder aufgelegt. Für die Suhrkamp-Ausgaben von 1961 und 1981 hat Carl Friedrich von Weizsäcker das Vorwort geschrieben.